Da sitze ich und bin traurig. Fühle mich einsam, obwohl meine Familie um mich ist. Aber innerlich ist etwas verloren gegangen, was einen äußeren Anlass hat. Vorgestern erst ist es geschehen. Da hat sich die Traurigkeit breit gemacht. Ich darf nicht zu viel darüber nachdenken, dann kommen unweigerlich die Bilder der Vergangenheit und damit auch Tränen. Ja, ich bin traurig. Am Montag kamen wir aus dem Urlaub zurück. Alles schien in Ordnung. Doch dann sahen wir ihn – den Grund unserer jetzigen Traurigkeit – und wir wussten, es sind die letzten Stunden. Am nächsten Morgen war es endgültig. Er konnte nur noch schwer atmen und lag auf dem Boden. Sein Atem war nur noch kurz und flach. Ein Anruf beim Tierarzt. Um 10:30 Uhr verabschieden sich alle aus der Familie von ihm. Ich nehme ihn dann auf den Arm um mit ihm und meiner Frau gemeinsam zum Arzt zu fahren. Es wird die letzte Fahrt werden. Aber bereits vor dem Haus wird er das erste Mal bewusstlos. Im Auto stirbt er dann in den Armen meiner Frau. Trauer und Tränen. Nach 15 Jahren ist unser kleiner Freund und Begleiter gestorben. Und während ich schreibe, fließen mir wieder die Tränen. Freunde zu verlieren ist kein Alltagsgeschäft. Es tut weh und es darf wehtun. Gott, dies ist eine kaputte, eine sterbende Welt.
Und plötzlich wird mir mehr als zuvor wieder bewusst, wie zerbrechlich alles auf dieser Erde ist. Unsere Welt ist durch die Sünde zerbrochen. Und wir sehen es Tag für Tag. Bei mir ist es ein kleiner Hund, aber bei Anderen ein geliebter Mensch. Und die Trauer, die wir erleben, zeigt uns diese Zerbrechlichkeit. In einem Moment kann alles vorüber sein. Was gerade noch so sicher und unzerbrechlich schien, ist plötzlich dahin. Und mehr als jemals zuvor sehne ich mich nach der Beständigkeit – oder Ewigkeit. Nach dem, was nicht zerbricht. Nach dem, was bleibt und keine Schmerzen mehr bereitet.
Aber dann trifft mich dieses Bibelwort, das ich bereits so viele Male gelesen habe. Irgendwie ist es heute anders. Es hört sich viel näher und intensiver an: „ Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.“ (Offb 21,4)
Und er wird abwischen alle Tränen. Und er wird alles neu machen. So steht es in Offenbarung 21,5: „Und der, der auf dem Thron saß, sagte: »Ja, ich mache alles neu!« Und dann sagte er zu mir: »Schreib es auf, denn was ich dir sage, ist zuverlässig und wahr!«“ – Auch unseren Kerby? Warum nicht? Alles wird für uns vorbereitet, damit wir uns wieder freuen. Alles wird so gemacht, dass wir die Ewigkeit wirklich schön empfinden.
Und nun ertappe ich mich, wie ich mir ausmale, wie unser Kerby wohl sein wird, wenn er neu geschaffen wird. Größer? Vielleicht! Schöner? Auf jedem Fall? Und ich stelle mir vor, wie Jesus uns in unsere „Wohnung“ führt und wer steht dort am Eingang? Unser Kerby!
Ja, ich weiß, der Eine oder Andere wird mir jetzt erklären wollen, dass ich mich mit solchen „irdischen“ Gedanken nicht aufhalten sollte und da gebe es doch dann theologische Unschärfen… Möglich. Aber ich habe auch die Verheißung, dass Gott die Natur – und damit die Tiere – neu schaffen wird. Ist es da eine Unmöglichkeit zu träumen, dass er auch Kerby neu schafft?
In „Der bessere Weg“ steht: „Wenn wir uns an der Schönheit dieser Erde erfreuen, dürfen wir zugleich an die von Gott verheißene zukünftige Welt denken, in der es weder Sünde noch Tod geben wird.* Aber in welch herrlichen Farben wir uns Gottes Reich auch ausmalen mögen, es wird schöner sein als wir es uns jemals vorstellen können.“ (BW, 90)
Das bedeutet, dass wir uns den Himmel viel öfter ausmalen sollen, darüber nachdenken, wie es dort sein wird und was wir machen. Und dann kann ich nicht anders, als meine Traurigkeit damit zu trösten, dass Gott die geliebten Freunde - und dazu zählen für viele von uns auch Tiere – wieder in unsere Obhut geben wird. Er wird doch alles noch viel schöner machen, als wir es uns jemals vorstellen können. Das ist für mich ein großer Gott. Das ist ein Gott, den ich ewig preisen will. Das ist ein Gott, dem ich alles zutraue.
TRAURIGKEIT – und was mache ich heute damit? Sie kann mir auch hilfreich sein, denn sie erinnert mich an den Zustand der Welt und meine eigene Sündhaftigkeit. Paulus sagt: „Gott kann die Traurigkeit in unserem Leben benutzen, um uns zur Umkehr von der Sünde und zur Suche nach der Erlösung zu bewegen. Diese Traurigkeit werden wir nie bereuen. Eine Traurigkeit ohne solche Umkehr dagegen führt zum Tod.“ (2. Kor 7,10)
Und dann freue ich mich wieder viel mehr auf das Ziel meines Lebens und darauf, dass Gott diesen Zustand der Sünde und des Sterbens beenden wird. Dann wird mein Herz wieder fröhlich, weil Gott alles neu machen wird.
Und – wenn es Gott gefällt – auch unseren Kerby!
Euer Martin